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Honigbiene vs. Wildbiene

by Mark Poreda
Montag, 09. Dezember 2019, 00:00
Eine reich gedeckte Blumenwiese mögen alle Bienen gern. Aber was ist, wenn das Angebot an Pollen und Nektar knapper wird und neben den Wildbienenarten auch Tausende von Honigbienen aus ansässigen oder eingewanderten Bienenständen auf Nahrungssuche gehen? Im Gegensatz zu den Honigbienen, die als Generalistinnen den Pollen und Nektar vieler unterschiedlicher Pflanzen nutzen, sind viele Wildbienenarten für ihre Reproduktion und ihr Überleben auf ganz bestimmte Pflanzenarten angewiesen. Mangelt es an genau diesen Pflanzen, könnten die Populationen dieser spezialisierten Wildbienenarten zurückgehen, wenn gleichzeitig auch Honigbienen daran Pollen sammeln. Das kann zum Beispiel nach dem Abblühen einer Haupttracht der Fall sein, wenn Honigbienen an manchen Standorten in unnatürlich hoher Anzahl nach Futterquellen suchen. Naturschutzbehörden neigen daher teilweise dazu, bewirtschaftete Bienenvölker aus Schutzgebieten fernzuhalten.

Aber sind vom Menschen gehaltene Bienenvölker tatsächlich eine allgemeine Gefahr für andere Bestäuber? Keine sicheren Belege 

Dieser Frage sind Dr. Rachel Malinger, Dr. Hannah Gaines-Day und Dr. Claudio Gratton von der Universität von Wisconsin nachgegangen. Beim Durchforsten der Literatur fanden sie insgesamt 146 Veröffentlichungen, die sich mit der Konkurrenz zwischen Bienen, den Auswirkungen domestizierter Honigbienenvölker auf die Pflanzengesellschaft und/oder mit der Übertragung von Krankheiten zwischen Bestäubern befassten. Die Wissenschaftler kommen zu dem Schluss, dass es durchaus ernst zu nehmende Beweise für eine Konkurrenz zwischen Honigbienen und Wildbienen gibt. Bislang fehlten aber Belege dafür, dass die Konkurrenz auch zu einem Rückgang der Wildbienenpopulationen führe. Hier seien weitere Untersuchungen erforderlich.

Zudem stammte die überwiegende Mehrheit der Berichte über negative Folgen durch Nahrungskonkurrenz aus Ländern, in denen Honigbienen natürlicherweise nicht vorkommen.

Auch die Arbeitsgemeinschaft der Institute für Bienenforschung e.V. sieht jene Studien kritisch, die anführen, dass eine massive Präsenz von Honigbienenvölkern Wildbienen beeinflusse. Es sei unklar, ob es sich dabei um Momentaufnahmen oder um Konkurrenzsituationen mit langfristigen Effekten auf die Populationen handele, heißt es in einer Stellungnahme von 2018. Die entscheidende Frage, inwiefern die Honigbienen Wildbienenarten verdrängen könnten, sei in der Mehrzahl der Studien nicht untersucht worden.

Die eigentliche Bedrohung liegt woanders

Generell stellen der Mangel an Nistmöglichkeiten und die damit verbundenen Einschränkungen bei der Reproduktion eine viel stärkere Bedrohung für Wildbienen dar. Die Verfügbarkeit von Brutplätzen und die Qualität des Lebensraums hängen entscheidend von der Landschaftsgestaltung ab – und nicht davon, ob Honigbienenvölker in der Nähe stehen. Faktoren wie der Verlust von Lebensräumen durch die Zerstörung und Fragmentierung der Habitate, die Überdüngung von Magerstandorten durch Stickoxidemissionen und intensive Landwirtschaft, der Klimawandel sowie der Einsatz diverser Insektizide sind sehr viel bedrohlicher für Wildbienen. Fest steht: Ein größeres Blütenangebot kann auch die Konkurrenzsituation entspannen. Je mehr Futterquellen vorhanden sind, umso weniger kommen sich die Bienen gegenseitig in die Quere. In blütenarmen, eintönigen Landschaften ist die Konkurrenz hingegen von Grund auf deutlich erhöht.

Artikel erschienen im Deutsches Bienen-Journal Magazin / Spezialausgabe. Autoren: Sebastian Spiewok, Saskia Schneider

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